Ob die Maßschneiderei schon immer ihre Berufung war, kann Korinna Bennecker nicht sagen. Aber sie konnte sich schon immer vorstellen, handwerklich zu arbeiten. Als sie nach einigen Semestern feststellte, dass ein Studium für sie nicht der richtige Weg ist, begann sie ihre Ausbildung als Maßschneiderin mit Schwerpunkt Herrenmode. Und wusste bald, dass es dies ist, worauf sie ihre Zukunft bauen wollte.
2021, mitten in der Pandemie, übernahm Korinna, nun als Meisterin, ein renommiertes Atelier in Frankfurt. Gut zwei Jahre später hat sie sich mit ihrem Mix aus traditionellem Handwerk, Innovation, modernem Marketing und multimedialer Kommunikation erfolgreich am Markt etablieren können.
Korinna, was war wichtig für den erfolgreichen Start?
Ich glaube, das ist die Mischung, dass ich traditionell mein Handwerk führe und gleichzeitig sehr initiativ und innovativ an die Geschäftsführung herangehe. Ich habe zusammen mit einer Unternehmensberaterin einen Businessplan erstellt. Es ist schon wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, ob die Selbstständigkeit überhaupt funktionieren kann, ob sie sich finanziell lohnt oder ob man es lieber nicht wagen sollte. Mein Beruf als Maßschneiderin bereitet mir große Freude, aber ich arbeite ja nicht nur aus Liebhaberei, sondern ich möchte und muss davon leben können.
Ich habe einerseits eine sehr klassische Linie, aber ich möchte mich darauf nicht festlegen, sondern ich versuche immer wieder, daraus auszubrechen. Ich finde es spannend, tradierte Formen aufzubrechen und sie neu zu interpretieren. Warum soll ich etwas tun, nur weil man das immer so gemacht hat? Ob man damit Erfolg hat, kommt natürlich auf die Kunden an. Meinen gefällt es.
Wie »grün« ist Dein Atelier?
Ich schneidere keine Sachen nur für einen einzelnen Anlass oder für eine Saison – meine Anzüge kann man lange tragen. Darin liegt ja die Idee der Nachhaltigkeit: keinen Überfluss zu produzieren, der dann gleich wieder auf dem Müll landet. Ich fertige Kleidung für Kunden, die Stil und Qualität zu schätzen wissen. Denen es nicht um das ständige Konsumieren geht. Die vielleicht weniger Teile im Kleiderschrank haben als andere, sich dafür aber darin lange wohlfühlen können. Meine Kunden wissen das zu schätzen und durch ihre Empfehlungen wird mein Kundenstamm kontinuierlich größer.
Ist Nachhaltigkeit ein Luxus?
Die Preise für eine Maßanfertigung sind nicht für jeden erschwinglich. Das ist nichts, was man sich jeden Monat aufs Neue leisten kann. Das ist leider so, aber ich kann nicht billiger anbieten, ohne dass mein Geschäft oder das Produkt darunter leiden würden. So gesehen ist Maßkleidung zwar nachhaltig, aber in gewissem Sinn ein Luxus. Anders betrachtet: Natürlich ist es eine nicht unbeträchtliche Summe, die man in einen Maßanzug investiert. Dafür hält dieser entsprechend lange. Damit relativiert sich die Sache mit dem Luxus wieder.
Braucht die Welt Maßschneider?
Ja. Es braucht sowohl Anbieter für günstige Kleidung als auch uns Maßschneider – für alle, die ihren individuellen Stil nur bei uns verwirklichen können. Die Menschen, die zu mir kommen, erhalten genau das, was zu ihrer Persönlichkeit passt. Ich konnte mir zu Anfang nicht so genau vorstellen, welch großen Unterschied dies zur Konfektion ausmacht. Dann habe ich einmal bewusst wahrgenommen, wie jemand mit einem Konfektionsanzug hereinkam und mit meinem Maßanzug wieder gegangen ist. Das war ein Kontrast wie Tag und Nacht. Dieser Kunde ging zwar nicht als neuer Mensch, aber vielleicht ein wenig glücklicher mit seiner Erscheinung als zuvor.
Also nochmals: Ja, die Welt braucht Maßschneider. Für alle, die nicht in die Standards der Konfektion passen. Für alle, die etwas suchen, das tatsächlich zu ihrem Körper und zu ihrem Stil passt. Für alle, die glücklich sind, wenn sie vielleicht weniger, dafür aber hochwertige Kleidung erhalten. Und natürlich für alle, die sich uns leisten können und wollen.
Wo siehst Du Dich in zehn Jahren?
Genau da, wo ich jetzt bin. Ich bin noch jung und meine Kunden sind genauso jung wie ich. Viele sind gerade jetzt dabei, mich und die Maßschneiderei für sich zu entdecken. Ich glaube, dies wird noch eine ganze Weile so weitergehen. Man muss nur die richtigen Wege finden, diese Menschen zu erreichen. Einer diese Wege führt sicherlich über den Trend zur Nachhaltigkeit, über das Bekenntnis zu Qualität, über das Selbstbewusstsein, sich dieses leisten zu wollen.
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