Stell Dir vor, Dein Traum von einem eigenen Maßschneideratelier könnte über Nacht wahr werden…
Ins Unternehmertum starten mit einem bekannten Standort, treuen Stammkunden, erprobter Geschäftsausstattung und Arbeitsprozessen sowie einem funktionierenden Lieferantennetz. Gibt es nur im Falle einer Erbschaft oder bei Wünsch-Dir-Was? Nicht ganz! Unternehmensnachfolge ist eine reelle Möglichkeit, als Unternehmer:in schnell durchzustarten. Doch diese Option wird bei weitem nicht so genutzt, wie sich Gelegenheiten durch übergabewillige Inhaber:innen ergeben. Das Institut für Mittelstandsforschung rechnet damit, dass etwa 150.000 Unternehmen und die damit verbundenen 2,5 Mio. Arbeitsplätze bis zum Jahr 2022 vor einer Übergabe stehen werden. Insbesondere mangelt es an Frauen, die den Chefinsessel eines bestehenden Unternehmens übernehmen.
Der Nationale Aktionstag Unternehmensnachfolge soll das ändern. Unter Koordination durch die bundesweite gründerinnenagentur (bga) finden seit mehr als zehn Jahren rund um den 21. Juni verschiedene Aktionen statt, um Frauen dazu zu inspirieren und zu ermutigen, Unternehmen als Nachfolgerinnen zu übernehmen.
Maßschneidermeisterin Korinna Bennecker aus Frankfurt am Main hat den Schritt gewagt und vor ein paar Monaten den Schneiderbetrieb ihres Lehrmeisters Roland Thießen übernommen. Ganz über Nacht lief es natürlich nicht. Zum Aktionstag Unternehmensnachfolge wollten wir von ihr wissen, welche Besonderheiten weibliche Nachfolge im Schneiderhandwerk hat und was sie künftigen Unternehmer:innen empfiehlt, die über einen ähnlichen Weg nachdenken.
Das Schneiderhandwerk hat einen hohen Anteil an Inhaberinnen – 8 bis 9 von 10 Betrieben werden laut Daten der Handwerkskammern von Frauen geführt. Ist dadurch Unternehmensnachfolge im Schneiderhandwerk weiblicher als in anderen Branchen?
Logisch wäre das. Die Realität ist aber anders. Gründung durch Nachfolge ist in unserem Handwerk meines Erachtens für Frauen leider nicht viel leichter als anderswo. Oft sind Frauen als Unternehmerinnen gewollt oder ungewollt Einzelkämpferinnen. Dadurch schaffen es viele nicht, rechtzeitig jemanden zur Nachfolge auszuwählen und einzuarbeiten.
Laut Statista tun sich branchenübergreifend 48% der Unternehmer:innen mit diesem Punkt schwer. Woran könnte das liegen?
Egal welches Geschlecht, es bedarf für eine gelungene Nachfolge viel Einsicht, Arbeit, Kompromissbereitschaft und Kommunikation – von beiden Seiten. Auch mehrere Monate nach der Übernahme, bleibt dieses Thema für mich sehr emotional. Ich habe dabei so viel gelernt, dass ich anderen gerne weitergeben würde.
Was wären die zwei Tipps, die Dir dazu sofort einfallen?
Mein erster Tipp für Gründerinnen/Nachfolgerinnen wäre: Bereitet euch vor! Ein ordentlicher Businessplan (evtl. mit professioneller Hilfe) ist das A und O zur Selbstständigkeit. Kenne deine Zahlen. Gutes Handwerk allein ist kein Garant zum Erfolg.
Der zweite Tipp: man muss nicht alles alleine können. Holt euch Hilfe, wo ihr sie braucht. Es ist das Kennzeichen guter Unternehmer:innen, dass sie wissen, wo ihre Stärken, aber auch ihre Grenzen sind.
Klasse! Hast Du noch einen dritten Tipp für unsere Leser:innen?
Ja, absolut. Dieser hier wird unterschätzt oder manchmal nur falsch eingeschätzt: vernetzt euch! Gerade als Frau, gerade als Jungunternehmerin ist ein Netzwerk super wichtig. Wenn wir uns gegenseitig unterstützen, kommen wir weiter. Konkurrenzdenken hält einen nur selbst zurück.
Die Kraft der Gemeinschaft nutzen – ganz toller Hinweis von Dir. Danke, dass Du am diesjährigen Aktionstag der Unternehmensnachfolge mit uns Deine Erfahrungen der letzten Monate geteilt hast. Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg als Chefin in Deinem Lieblingshandwerk!
Kontakt unter:
Korinna Bennecker
Maßschneiderei Bennecker
Sandweg 108 | 60316 Frankfurt
Telefon: +49 151 54131675
E-Mail: korinna@bennecker.de
